Irgendwann bemerkt man, dass man einfach anders ist. Ob positiv oder negativ anders, weiß man in diesem Augenblick noch nicht einzuschätzen, zumindest einmal weicht man von der Norm ab, die einem gelehrt wird. Dabei weiß man zu diesem Zeitpunkt noch nicht, wie viele dann doch mit einer gleichen oder ähnlich gearteten Neigung umher wandeln, weil sich das erst nach und nach herauskristallisiert.
In vielen Profilen, die ich in diversen Foren zu sehen bekommen habe, war die Rede davon, dass man relativ früh bemerkt hat, dass eine Vorliebe vorhanden ist, die sich unterm Strich als Hang zum Ausleben von S/M herausstellte. Anfänglich wollte ich dies nicht wirklich glauben. Kann denn ein Mensch mit 18, 16 oder gar 14 schon sicher sagen „Ich bin sadistisch“? Oder sich im Gegensatz zum Masochismus bekennen? Als wilde, unreife Phantasie habe ich es abgetan, bis ich schlicht und ergreifend selbst gefragt wurde, wie ich dazu gekommen war. Gute Frage! Was war es? Was hat mit verdeutlicht, dass ich in sadistischen Träumen und Handlungen voll und ganz aufging und auch nach einiger Zeit nur noch eine Partnerschaft in dieser Hinsicht vorstellbar war und eben nicht mit einer „normalen“ Partnerin?
Eindeutig zurückführen konnte ich die Entdeckung meiner Neigung in jedem Fall auf den Augenblick, in dem ich einen bestimmten Film sah. Nein, es war nicht die Geschichte der O und auch kein anderer erotischer Film oder ein Machwerk mit Bezug zum S/M. Es handelte sich um einen scheinbar völlig normalen französischen Spielfilm, den außer mir keiner zu kennen schien, dem ich davon erzählte. Vermutlich lag dies daran, dass ich ihn in meinem gesamten Leben erst zweimal im öffentlich-rechtlichen Fernsehen erblicken konnte (und auch da nur in den Dritten) und ihn vermutlich niemand wirklich wahrnahm. An und für sich schlängelt sich eine mehr oder weniger unerotische Handlung durch den Streifen, der unter dem Titel „Ein wildes Leben“ ausgestrahlt wurde. Mit Ausnahme einer bestimmten Szene, in der eine Frau kurz gesagt eine Nebenbuhlerin in ihre Wohnung lockte, sie dort überwältigte, breitbeinig ans Bett fesselte und mit einer Büroschere deren Schambehaarung entfernte. Mitten in den 70er Jahren entstand jener Film, also zu einer Zeit, als Schambehaarung noch absolut üblich war und die Entfernung, zumal auf die vorgenannte Art und Weise, eine Demütigung darstellte und so verhielt sich das „Opfer“ des Filmes dann auch, weil sie sich nicht mehr wirklich unter die Augen ihres Geliebten traute angesichts der Nacktheit zwischen ihren Schenkeln. Damals war ich 17.
Nach und nach wurde mir jedoch bewusst, dass schon in wesentlich früheren Zeiten skurrile Bilder und Fotos auf mich anders wirkten, als sicherlich auf andere Gleichaltrige. Niemand sah mir diese Gedanken an (wohl ein Segen) und ich fühlte dennoch, dass es sich um spezielle Gedanken handelte, die man besser für sich behielt, bis man sie einordnen konnte. In einem Magazin (wahrscheinlich war es der Spiegel oder Stern) gab es eine Fotoreportage aus Afrika zu sehen. Hier wurden Diebe öffentlich ausgepeitscht, was deutliche Striemen hinterließ. Plötzlich begleiteten mich die Bilder aus der Reportage, ohne zu wissen, weshalb ich so viel über sie nachdachte. Damals war ich sogar maximal 14. Also gehörte ich demnach auch zu jenen, die im Profil davon berichten konnten, es extrem früh bemerkt zu haben? Nun ja, wirklich bemerkt hatte ich es wohl tatsächlich erst mit 17, aber es war durchaus interessant, wie lange zurück sich sonderbare Gedankengänge verfolgen ließen, die damals undefiniert und nicht zu Ende gedacht blieben. Mit diesem vorläufigen Endergebnis gab ich mich zufrieden, bis ich abermals gefragt wurde, wann ich denn zum ersten Mal etwas bemerkt habe.
Tatsächlich ließen sich die S/M-Gedanken nun sogar noch weiter zurückverfolgen. In ein schockierend junges Alter, welches mir signalisierte, dass diese Neigung einfach angeboren sein musste. Weshalb sonst hätte ich mir immer wieder Folgendes mit einem unerklärlichem Bauchgefühl ansehen müssen? Meine Uroma besaß einen bescheidenen Bücherschrank, auf dem wenig verfängliche Werke präsentiert wurden. Teils handelte es sich um wahre Klassiker, die dort im Original darauf warteten, gelesen zu werden. Unter anderem auch ein Buch mit Erzählungen von Wilhelm Busch, welches teilweise illustriert war. Besagte „magische“ Erzählung handelte von einem farbigen Jungen im Busch, der immer wieder mit einem Stock Elefanten ärgerte. Irgendwann wurde es dann einem grauen Dickhäuter zu bunt, weshalb er sich dafür auf seine Weise rächte. Mit seinem Rüssel umschlang er ihn, hielt ihn über einen Fluss, aus dem bald schon geöffnete, hungrige Mäuler von Krokodilen herausragten. Damit jagte er dem Jungen jedoch nur Angst ein, bevor er ihm den eigentlichen Denkzettel verpasste und ihn, nur mit einem Lendenschurz bekleidet, in ein Feld mit Kakteen warf. Die Erzählung endete mit einem Jungen, der mit schmerzverzerrten Gesicht und hängendem Kopf das Weite suchte, während lange Stacheln seinen Körper zierten. Und damals war ich vielleicht 6 oder 7 Jahre alt. Sehr schockierend, aber ich hatte das tatsächlich erlebt, ohne zu wissen, was das irgendwann für mich bedeuten würde.
Meine erste Partnerin hatte ich letztendlich erst mit 19 und sie passte wiederum überhaupt nicht in dieses Schema. Irgendetwas fehlte mir. Zwar war ich verliebt, was sich auch darauf auswirkte, dass diese Beziehung auch einige Zeit hielt, aber dass es sich nicht um die perfekte Beziehung handelte, blieb mir nicht verborgen. Vielleicht dauerte es deshalb auch solange, dass es in der ersten Beziehung sogar fast ein Jahr zum ersten Sex meines Lebens dauerte, der mir zwar gefiel, aber nicht die Hoffnungen erfüllte, die ich in ihn gesetzt hatte, weil ich beim (inzwischen regelmäßigen) Betrachten eines Fotos mit eindeutigem Inhalt wesentlich erregter war, egal in welcher Art und Weise hier eine Form von S/M dargestellt wurde.
Auch wenn ich in der Folgezeit immer wieder davon hörte, dass andere Personen ihre ersten Erfahrungen mit S/M bereits in jungen Jahren mit Partnerinnen aus dem Bereich der Schule und des näheren Umfelds gesammelt hatten, lag es bei mir vielleicht gerade daran, dass ich sie aus einem zu normalen Umfeld kannte und nicht so handeln konnte, wie ich es gerne getan hätte. Wobei ich längst nicht allen prahlerischen Erzählungen Glauben schenke, wo von S/M unter Schülern erzählt wird, weil sich in den Weiten des Internet viele profilieren wollen und der Auffassung sind, das über derartige Geschichten tun zu können, um authentischer zu wirken. Ich jedenfalls war in sexueller Hinsicht ein Spätzünder und hätte mich vorher definitiv nicht getraut. Mit meiner ersten Partnerin kam es folglich nicht mal zum Ausprobieren von Kerzenwachs oder einem Klaps aufs Hinterteil. Das wiederum folgte dann später mit der nächsten festen Partnerin, die eben nichts mehr mit dem alten, gewohnten Umfeld meiner Schule zu tun hatte.
Über einfach Klapse und das Spiel mit den herabfallenden Wachstropfen war ich jedoch auch schnell hinaus. Zu lange hatte ich mich schon mit wildesten, extremen Phantasien beschäftigt, die einfach immer mehr ein Ventil suchten. Schnell wich die Hand dem Gürtel, wenn sich die Farbe des Hinterteils immer mehr in Richtung Rot änderte, weil damals noch kein Equipment vorhanden war, das meinen Neigungen zur Ehre gereicht hätte. Mitte 20 war ich dann doch, als ich meine erste eigene Peitsche in der Hand hielt, woraufhin auch Gerte und Stock rasch folgten. Mehr und mehr entdeckte ich dabei auch, dass der gewöhnlichere S/M, in dem geschlagen wurde, in dem auch Nippel verdreht oder die Haut mit Wachs verziert wurde mir zwar großen Spaß bereitete, aber dem sadistischen Einfallsreichtum keine Grenzen gesetzt waren. Alles, was nur irgendwie möglich (und erlaubt) war, wollte ich nach und nach ausprobieren und natürlich habe ich mit Ende 30 noch längst nicht alles erlebt, was mir vorschwebt. Insbesondere die kleinen und großen Gemeinheiten des Lebens haben mich schon immer erfreut. Was geschah alles im dunklen Zeitalter? Welche Methoden wurden bei Befragungen und Verhören eingesetzt? Das alles hat mich immer schon sehr gereizt und beschäftigt. Höchstwahrscheinlich hätte ich mich als Folterknecht seinerzeit mitten unter Streckbank, Pranger, Spanischen Stiefeln, Halsgeigen und dem Storch sehr wohl gefühlt. Doch was spricht dagegen, das alles noch zu durchleben? Meiner Offenheit sind in dieser Hinsicht kaum Grenzen gesetzt. Bereits im kleinen Rahmen habe ich Federn zur Befragung eingesetzt, indem ich die Fußsohlen der Frau, von der ich Dinge erfragte, mit ihr konfrontierte und diese Methode ausgereizt habe, bis mir alles verraten wurde. Auch eine brennende Kerze, die immer wieder über den Körper geführt wird, ohne diesen letztlich zu berühren, wirkt Wunder.
Zur Literatur kam ich dagegen eher zufällig. Kurzgeschichten (bis zu 8 Seiten in Word) hatte ich früher schon verfasst, auch um erotische Geschichten, teils mit S/M-Bezug handelte es sich hier. Nur wie kam es dazu, tatsächlich einen ersten S/M-Roman zu verfassen? Durch Zufall geriet ich im Chatraum der Sklavenzentrale an eine andere Userin, ihres Zeichens eine Switcherin aus Berlin. Sie selbst hatte sich auch bereits einige Zeit der Schreiberei hingegeben und fand meine Kurzgeschichte gut, die ich ihr als Leseprobe zur Verfügung stellte. Obwohl ich nie den wirklichen Mut besessen hatte, eine längere Handlung zu verfassen, die tatsächlich die Größe eines gesamten Romans umfasste, gelang es ihr, den berühmten Schalter bei mir umzulegen. Sie ermutigte mich, einen bescheidenen roten Faden zu entwickeln, um den sich letzten Endes mein erstes Buch „Zartbitter“ rankte. So schrieb ich einige Zeit daran, bis es für mich in sich stimmig und „bereit“ zur Veröffentlichung war und hatte auf Anhieb Erfolg damit.
Meine größte Freude indes besteht daraus, wenn ich mir vorstelle, wie sehr ich durch meine Literatur erregen kann. Jeder und jede Einzelne, die sich an meinen Büchern geradezu berauschen, sich wundervolle Momente damit ermöglichen, jede Session die ich damit vielleicht angebahnt habe, sie alle bereiten mir Freude. Nicht zu vergessen von denjenigen Lesern, die sich dem Genuss alleine hingegeben und sich beim Lesen selbst befriedigt haben. Das ist für mich wie der Applaus, den ein Schauspieler von seinem Publikum auf der Bühne erhält.
Ich hoffe, dass ich den Vorhang noch oft öffnen können werde…